Ein Schau-Spiel im Rahmen von
entlang der mainzer - interdisziplinäres Kunst- und Kulturprojekt zur performativen Stadtkultur
Idee und Konzept: Jörg Thums
Realisierung: Jörg Thums und Tim Schuster
Die sagenhafte der Welt der Mainzer Landstraße war der Versuch, die Wahrnehmung vermeintlich marginalisierter Terrains temporär in eine neue urbane Praxis zu überführen.Die zu Projektbeginn gesetzte Zielsetzung lautete, eine Strategie der Raumerkundung zu entwickeln, die die Unterschiedlichkeit der Areale reflektiert. Die psychogeographischen Differenzen sollten erfahrbar gemacht, aber nicht voyeuristisch ausgestellt werden. Denn nichts erschien uns unsinniger als eine ‚Milieu-Safari’ für den akademischen Mittelstand und Innenstadtbewohner zu initiieren.
Hierfür entwickelten Jörg Thums und Tim Schuster ein Suchspiel für 24 TeilnehmerInnen pro Veranstaltungstag. Jeweils 6 Spielteams machten sich auf den Weg, um möglichst viele der 13 Spielstationen auf der 8,3 km langen Mainzer Landstraße aufzusuchen. An den jeweiligen Stationen befanden sich hölzerne Schatztruhen, die Fotos mit abgebildeten Märchen-Piktogrammen enthielten. Das Finden und Sammeln möglichst vieler Piktogramme war der Motor des Spiels, um die nötigen Informationen zu erlangen, die es für den Showdown zu Spielende brauchte.
Doch zunächst wurden die SpielteilnehmerInnen durch verschiedenfarbige Umhängetaschen als Spielfiguren – als Akteure – kenntlich gemacht. Hierin enthalten waren eine Schatzkarte, Briefkuverts mit Detailinformationen, Proviant und Materialien wie Spanntransparente und Kabelbinder oder eine CD und eine Handlungsanweisung für eine Taxifahrt. Nach einer kurzen Regelerklärung durch die Spielleitung begaben sich die Teams auf unterschiedliche Reiserouten, die sie zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit der Tram über die zweitlängste Ausfallstraße Frankfurts führten.
Im Projektverlauf wurde die bestehende Symbolik der Straße verändert. Die sagenhafte Welt der Mainzer Landstraße stellte einen Spielplan und eine Auswahl an Materialien zu Verfügung, um die eingebundenen Areale versuchsweise in eine neue Raum-Zeit-Beziehung zu setzen. Ausgehend von Henri Lefèbvres Schrift „Die Revolution der Städte“ wurde die Straße weniger als verkehrsleitende Verbindungslinie und Verkehrsstrecke thematisiert. Vielmehr ließen wir sie als Ort von Handlungen und Lebenspraktiken in Erscheinung treten. Also als ‚Bühne des Augenblicks’: Der Moment der aktiven Handlungsgestaltung – im Spiel wie im Alltagsleben – wurde den Spielakteuren bewusst gemacht. Vereinfacht gesagt versuchte die von uns geschaffene Spielsituation folgendes Zitat von Henri Lefèvbre in eine temporäre Handlungspraxis zu überführen: „Auf der Straße, der Bühne des Augenblicks, bin ich Schauspiel und Zuschauer zugleich, zuweilen auch Akteur. Hier ist Bewegung; die Straße ist der Schmelztiegel, der das Stadtleben erst schafft und ohne den nichts wäre als Trennung, gewollte und erstarrte Isolierung.“
Auf ihrer Reise über die oftmals nur als Transitraum wahrgenommene Mainzer Landstraße trafen die SpielerInnen auf ein Konglomerat aus gelebter Praxis, Historie, Alltagsgeschichten und Veränderungsprozessen. U.a. bei Bobs Hair Base, La Strada – AIDS-HILFE Frankfurt e.V., dem Günes Theater, der Evangelischen Kirchengemeinde Nied oder dem Ruderverein Nassovia e.V. begegneten sie Akteuren städtischen Leben, die dort fest verankert sind.
Die TeilnehmerInnen berichteten von vielen überraschenden Begegnungen und Erfahrungen und einer in vielen Nuancen veränderten Wahrnehmung entlang der Mainzer. Das von uns geschaffene Angebot, sich in einer urbanen Praxis der Erkundung zu erproben, wurde begeistert angenommen. Trotz der ungewöhnlich langen Veranstaltungsdauer von etwa vier Stunden entwickelte sich die Forschungsreise zu einer äußerst kurzweiligen Unternehmung, die jedem Beteiligten – egal welchen Alters und Lebenshintergrunds – ein Lächeln der Begeisterung ins Gesicht schrieb.
Kooperationspartner: Evangelische Akademie Frankfurt, Bobs Hair Base, La Strada – AIDS-HILFE Frankfurt e.V., Günes Theater, Evangelischen Kirchengemeinde Nied,Ruderverein Nassovia e.V.
Mit freundlicher Unterstützung durch: Kulturamt der Stadt Frankfurt